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Birgit Sambeth, LL.M.

Birgit Sambeth, LL.M. im Porträt

„In der Mediation ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen, um zielführende Lösungsoptionen erarbeiten zu können.“

Birgit Sambeth, LL.M., Partnerin bei Altenburger, Dozentin, über ihren Weg von der Strafverteidigerin und Richterin zur Wirtschaftsmediatorin und das vielseitige Amt als SAV-Präsidentin. 

Liebe Birgit, du bist Partnerin bei Altenburger, einer Kanzlei mit Sitz in Genf, Zürich und Lugano, und eine international tätige Mediatorin mit über 500 betreuten Fällen. Was findest du das Spannendste an deiner Arbeit als Mediatorin?

 

Das Spannendste für mich an meiner Arbeit als Mediatorin ist, zusammen mit verschiedenen Parteien einen Konflikt von unterschiedlichen Seiten zu betrachten und zu handhaben. Es geht nicht nur um das Juristische, sondern auch das Finanzielle, Emotionale, die Beziehungen zwischen den Parteien, deren Reputation etc. Hierfür machen wir unter anderem eine sogenannte SWOT-Analysis: Wir analysieren die «Strengths» (Stärken), «Weaknesses» (Schwächen), «Opportunities» (Chancen) und «Threats» (Risiken). Es geht darum, die tatsächlichen Interessen und Bedürfnisse der Parteien zu ermitteln, Alternativen und Optionen zu recherchieren, um so das beste Ergebnis für sie zu erzielen. Die Arbeit als Mediatorin ist sehr positiv, proaktiv und lösungsorientiert; das passt zu meiner Persönlichkeit und meinem Wesen.

Zunächst möchten wir etwas mehr über deine Wurzeln erfahren. Du bist bilingue: mit einem astreinen Französisch und einem geschliffenen Hochdeutsch. Woher kommt diese Sprachgewandtheit? 

Meine Familie kommt ursprünglich aus Baden-Württemberg und zuhause wurde daher Deutsch gesprochen. Meine Familie zog dann nach Genf, wo ich geboren wurde und ich meine Jugend verbrachte. Auch mein Studium und die Anwaltsprüfung absolvierte ich in Genf. Für den LLM zog ich dann nach Boston. Somit wuchs ich mit Französisch und Hochdeutsch zweisprachig auf. Daneben war das Englisch bei meinem LLM-Studium sowie in meiner Berufstätigkeit von grosser Bedeutung. Später wohnte ich in Basel, wo auch meine beiden Kinder zur Welt gekommen sind.​

Ein Blick in deinen Lebenslauf zeigt, dass du in verschiedensten juristischen Bereichen tätig warst: Von Familienrecht bis zu Wirtschaftsrecht. Kannst du uns etwas mehr über deinen Karriereweg erzählen, den du eingeschlagen hast?

Zunächst arbeitete ich bei Baker McKenzie in Chicago und Genf (Praktikum) und danach insgesamt sechs Jahre für Ernst & Young (EY) in Basel im Bereich des Handelsrechts. Danach zog ich zurück nach Genf und eröffnete meine eigene Anwaltskanzlei. Da ich im Guten von EY gegangen bin, konnte ich auch aus Genf weiterhin manche EY-Kunden betreuen.

Später wagte ich den Sprung vom Wirtschaftsrecht ins Kinderstrafrecht, um vergewaltigte und misshandelte Kinder zu vertreten. Kinderrecht interessierte mich schon immer und ich konnte dabei meinem Wunsch nachkommen, gesellschaftlich nützlich zu sein. Zu diesem Zeitpunkt ratifizierte die Schweiz die Internationale Konvention über die Rechte des Kindes, und es herrschte Einigkeit darüber, dass das Recht und die Praxis in der Schweiz weiterentwickelt werden mussten. Daneben war ich zu etwa 50% als Hilfsrichterin beim Vormundschaftsgericht tätig und bot gemeinsam mit Fachpersonen aus verschiedenen Fachrichtungen (Juris Conseil Junior) eine freiwillige Anwaltsberatung für Kinder und Jugendliche an. 

Während meiner Tätigkeit als Anwältin im Bereich des Kinderrechts konnte ich viele neue Instrumente in die Wege leiten, die bis heute erfolgreich eingesetzt werden. So wirkte ich beispielsweise bei der Einführung von gesetzlichen Vormünder zur Vertretung von Kindern vor Gericht mit sowie bei der Umsetzung der Statement Validity Analysis. Mithilfe dieses Instrumentes kann die Glaubhaftigkeit von Aussagen von Kindern überprüft werden, ohne dass sie immer wieder zu traumatischen Ereignissen befragt werden. Dadurch wird eine Reviktimisierung der Betroffenen verhindert.

 

Während meiner Tätigkeit in diesem Gebiet gab es viele Herausforderungen. Als Strafverteidigerin war es für mich unter anderem herausfordernd, den minderjährigen Opfern – oft fünf-, sechs- oder siebenjährige Kinder – das Konzept in dubio pro reo verständlich zu machen, d.h., dass der Angeklagte freigesprochen wird, solange Zweifel am Tathergang bestehen. Oder wie erkläre ich den Betroffenen, dass eine Richterin oder ein Richter den Aussagen des Kindes nicht glaubt und der Täter deshalb nicht belastet werden kann? Für diejenigen Leser:innen, die sich für den Bereich des Kinderstrafrechts interessieren, kann ich diesbezüglich das Buch von der ehemaligen Jugenstrafrichterin Fabienne Proz Jeanneret, "C'est ma juge. Souvenirs majeurs d'une juge des mineurs" sehr empfehlen.

Auch in der Rolle als Hilfsrichterin im Familienbereich begegnete ich vielen Herausforderungen. Beispielsweise war für mich die Frage der Obhut zwischen zwei Elternteilen sehr schwierig zu entscheiden und ich habe auch darunter gelitten, diese Entscheidung fällen zu müssen. Oft war ich davon überzeugt, dass andere Lösungen möglich wären, weshalb ich immer mehr anfing, zwischen den Parteien zu mediieren. Ich organisierte Verhandlungen mit Eltern, Psychologen, Lehrern, Beiständen etc. und versuchte eine Lösung zu finden, damit die Parteien weiterhin in ihrer Kapazität als Eltern fungieren können.

Eines Tages stellte ich dann fest, dass ich nicht als klassische Richterin, sondern als Mediatorin agiere. Darum legte ich nach zwölf Jahren das Hilfsrichteramt nieder und gab auch die strafrechtliche Vertretung von Kindern auf, um meine Spezialisierung als Mediatorin weiterzuverfolgen. Im Jahr 1997 fing ich an, mich unter anderem in England und in der Schweiz zur Mediatorin auszubilden. Der Fokus auf Mediation führte mich auch wieder zurück ins Wirtschaftsrecht, wo ich aktiv versuchte, die Mediation zu fördern. Nun arbeite ich fast nur noch in diesem Gebiet sowie in internationalen Familien- und Erbschaftsangelegenheiten.

Dank meines Hintergrunds im Wirtschafts- und Steuerrecht sowie meiner langjährigen Anwaltstätigkeit fiel es mir leichter, als Mediatorin in diesem Bereich Glaubwürdigkeit zu erlangen und ernst genommen zu werden. Es wäre wahrscheinlich anders gewesen, wenn ich früher nur im Familienrecht tätig gewesen wäre.

Du hast uns eben erzählt, dass du mit komplexen Fällen im Kinderrecht konfrontiert warst. Was hattest du für Strategien, um damit umzugehen?

Ich sprach mit anderen darüber. Das ist die Methode der sogenannten Intervision: Fachleute treffen sich und diskutieren über komplexe und emotional belastende Fälle und darüber, was schiefgelaufen ist, wie man reagierte, was man hätte besser machen können. Die Last, die ich mit mir herumtrug, konnte ich auf diese Weise mit anderen teilen.

Allgemein ist auffallend, dass der Anwaltsberuf einer der wenigen humanistischen Berufe ist, der noch keine Intervision oder Supervision kennt, obwohl es eine berufliche Praxis ist, die darauf abzielt, die Kompetenzen, Kenntnisse und Verhaltensweisen von Fachkräften zu unterstützen und zu verbessern. Als Mediatorinnen haben wir Supervision; nicht aber als Anwälte, Richterinnen oder Beistände. Ich bin allgemein der Überzeugung, dass wir als Anwältinnen und Anwälte solche bewährten Praktiken in unseren Beruf aufnehmen sollten. Möglicherweise könnten so künftig auch Burnouts vermieden werden.

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei dir als Mediatorin aus und wo verbringst du ihn?

Fachlich arbeite ich etwa zu 20 bis 30% im Bereich des Familien- und Erbrechts; der Schwerpunkt meiner Tätigkeit liegt jedoch auf der Wirtschaftsmediation wie bspw. Investor-State Mediation and Dispute Boards. Bei einer internationalen Mediation bin ich meistens unterwegs. Das kann irgendwo sein: Istanbul, Paris, Zürich – ich reise viel. Wenn ein Mediationsprozess im Gange ist, bedeutet das für mich, dass ich den ganzen Tag über mit der Leitung dieser Mediation beschäftigt bin. 

An anderen Tagen bereite ich Mediationen vor, studiere die Akten, führe vertrauliche Vorbereitungsgespräche oder nehme an organisatorischen Sitzungen teil. Heutzutage finden diese auch oft per Videokonferenz statt. Meine Arbeitstage vergehen auf jeden Fall im Nu (schmunzelt). 

Man hört ab und zu, dass Mediation in der Westschweiz weiter verbreitet ist als in der Deutschschweiz. Würdest du das unterschreiben und falls ja, was glaubst du, woran das liegt?

Das ist in der Tat so, aber es kommt nicht von ungefähr: Im Jahr 2004 gab es in Genf noch nicht viele Mediatorinnen und Mediatoren. Ich setzte mich persönlich für die Förderung dieses Berufsfeldes ein und startete dafür die sogenannten Mediation Breakfasts. Diese Events fanden einmal pro Monat statt und waren für alle Teilnehmer:innen freiwillig und kostenlos. Bei Kaffee und Gipfeli referierte jedes Mal eine neue Gastrednerin oder ein neuer Gastredner, um den fachlichen Austausch anzuregen. Am Anfang war es eine ganz kleine Runde. Nach und nach waren wir mehr als 40 Teilnehmer:innen und schlussendlich arbeitete ich sogar mit der Wirtschaftskammer in Genf zusammen.

 

Auf diese Weise konnte ich die Community stärken und den Austausch fördern. Das hat wiederum zu mehr Glaubwürdigkeit der Mediationsbranche in der Westschweiz geführt. Es ist wichtig, dass man den Kuchen nicht verkleinert, sondern vergrössert: Anwältinnen und Anwälte besuchen diese Anlässe und es sind die gleichen Personen, die Mediationsaufträge vergeben. Auch andere Personen, wie beispielsweise die Oberrichterin des Kantons Waadt, Katja Elkaim, setzten sich immer stark für die Etablierung der Mediation als alternative Streitbeilegung ein.

Seit Januar 2024 gibt es in Genf die öffentliche Anlaufstelle, das «Bureau de la médiation». Diese Stelle bietet kostenlose Mediationen für Parteien an, die entweder vor Beginn eines Gerichtsverfahrens stehen oder sich bereits in einem hängigen Prozess befinden. Wenn ich mich nicht täusche, waren schon im ersten Jahr beim Bureau mehr als 500 Fälle hängig. Dies zeigt ebenfalls, dass Mediation in der Westschweiz auf grossen Anklang stösst.

Du hast dich auch verschiedentlich für die Ausbildung von Studentinnen und Studenten im Bereich der Mediation eingesetzt. 

Ja, ich finde auch die Ausbildung in Mediation förderungswürdig. Ich habe zu diesem Zweck mit Professor Pierre Tercier zusammen gearbeitet, der mich jeweils zu seinen Schiedsgerichtskursen an der Université de Fribourg einlud. Denselben Fall, den Professor Tercier im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit behandelte, habe auch ich meinem Mediationsteil zugrunde gelegt. Für die Studentinnen und Studenten war es sehr eindrücklich zu erleben, wie wir diesen Fall mittels Mediation innert weniger Stunden lösen konnten. Studentinnen und Studenten lernen dabei, wie wichtig es ist, in der Mediation die richtigen Fragen zu stellen, um die Interessen, Handlungsoptionen und Risiken der Parteien zu bewerten, um auf dieser Basis zielführende Lösungsoptionen erarbeiten zu können.

Ich habe auch an der École d’Avocature in Genf* zwölf Jahre lang das Modul Mediation geleitet. Diese ganze Arbeit, die ich zusammen mit anderen in die Verbreitung von Mediation in der Westschweiz steckte, trug nach und nach Früchte. Ich bin zufrieden, wo wir heute stehen.

 

Zu guter Letzt haben wir während meiner Präsidentschaft beim SAV eine neue umfassende Ausbildung eingeführt, die zum Titel „Mediatorin / Mediator SAV” führt und eine hervorragende Anerkennung geniesst.

*Anm. der Redaktion: Die École d’Avocature ist ein Vorbereitungskurs für Studienabgänger:innen, die sich auf die Anwaltsprüfung im Kanton Genf vorbereiten.

Du bist Mutter von zwei Söhnen: Gibt es Vorteile, als berufstätige Mutter in der Mediation tätig zu sein? 

Als Mediator:in ist man allein unterwegs. Ich bin daher sehr flexibel, weil ich alles selbst organisieren kann und muss. Ich bin nicht von jemand anderem abhängig. Die Kehrseite der Medaille ist, dass ich den Klienten auch eine entsprechende Flexibilität und Anpassungsmöglichkeit anbieten muss. 

 

Ich bin deshalb oft in Paris, England und in den USA unterwegs. Vielfach bin ich auch in der Nacht am Telefon beispielsweise aufgrund der Zeitverschiebung mit Japan. Für mich persönlich passt das gut und mein Tag ist daher sehr facettenreich.

Du hast dir auch einmal eine Auszeit genommen. Magst du uns ein bisschen mehr darüber erzählen, weshalb du das gemacht hast und wie es dir dabei ergangen ist?

Ich nahm mir für 4 Monate, genau gesagt vom 15. Oktober 2011 bis zum 15. Februar 2012, eine Auszeit. Ich reiste nach Argentinien und Chile. Es war für mich unbedingt nötig, etwas anderes zu tun, Abstand zu nehmen und zu analysieren, wo ich privat und beruflich stehe. 

 

Damals war ich im Vorstand vom Anwaltsverband in Genf (Conseil de l'Ordre) wie auch Partnerin in unserer Kanzlei Altenburger. Ich hatte das Glück, dass ich exzellente Mitarbeiter:innen sowie Partner:innen hatte, die meine Auszeit unterstützten. Im ersten Monat mietete ich mir ein Zimmer in Buenos Aires und lernte einen Monat lang Spanisch sowie Tangotanzen. In diesem ersten Monat arbeitete ich noch einen Tag die Woche. Danach war ich mit dem Rucksack unterwegs und reiste von Buenos Aires nach Santiago de Chile und dann mit dem Postschiff bis nach Patagonien. Nach einem Trek rund um den Fitz Roy endete meine Reise wieder in Buenos Aires. Ich konnte in dieser Zeit alle meine Mandate meinen Mitarbeiter:innen abgeben und als ich zurückkam, war kein einziger Stapel auf meinem Schreibtisch. Im Endeffekt hat sich gezeigt, dass ich für die beiden Geschäftsjahre 2011 und 2012, in denen ich abwesend war, nicht einmal Einbussen in meinem Umsatz erlitt. Die Auszeit war für mich also genau richtig, um wieder zu mir zu kommen und aufatmen zu können. Man muss jedoch den Mut haben, zu gehen. Ich kann es wirklich jedem und jeder sehr empfehlen.

Was ist die Rolle und was sind die Aufgaben des Schweizerischen Anwaltsverbands («SAV»)?

Der SAV ist der Dachverband der Schweizer Anwältinnen und Anwälte und vertritt die Interessen von mehr als 12'500 Anwältinnen und Anwälten, die alle auch Mitglieder einer kantonalen Anwaltskammer sind.

Der SAV erfüllt verschiedene Aufgaben, die sich sowohl nach innen an die Mitglieder als auch nach aussen an die Gesellschaft, Politik und Justiz richten. Die wichtigsten Aufgaben sind die Interessenvertretung, das Berufs- und Standesrecht, die Aus- und Weiterbildung sowie die internationale Zusammenarbeit.

Im Rahmen der Interessenvertretung wahrt und fördert der SAV einerseits die beruflichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Anwaltschaft, und vertritt andererseits die Anwaltschaft gegenüber den Behörden, den Gerichten, dem Parlament und der Öffentlichkeit. Der SAV beteiligt sich auch durch die politische Einflussnahme bei Gesetzgebungsverfahren, insbesondere bei Fragen zum Berufsrecht, Verfahrensrecht und zu Grundrechten.

In Bezug auf das Berufs- und Standesrecht fördert und sichert der SAV die Einhaltung der berufsethischen Grundsätze. Diese umfassen die Unabhängigkeit, das Verbot von Interessenkonflikten, die Verschwiegenheitspflicht und den Schutz des Berufsgeheimnisses der Anwältinnen und Anwälte.

Im Rahmen der Aus- und Weiterbildung ist der SAV für die Organisation und Anerkennung von Spezialisierungen, die Ausgabe von Fachtiteln (z.B. Fachanwalt SAV im Familienrecht, Arbeitsrecht, Strafrecht) und die Förderung der Weiterbildung der Mitglieder durch Kurse, Seminare und Fachveranstaltungen zuständig, was der Qualitätssicherung in der anwaltlichen Ausbildung dient.

Letztlich vertritt der SAV die Schweizer Anwaltschaft auch in internationalen Organisationen (z.B. im CCBE – Conseil de la Coopération Juridique Européenne / Rat der Europäischen Anwaltschaften) und pflegt die Kontakte zu ausländischen Anwaltsverbänden zur Förderung der internationalen Vernetzung und Zusammenarbeit.

Du warst die zweite Frau im Amt der Präsidentin des SAV und hast Ende Juni 2023 deine Amtszeit beendet. Mit welchen Visionen und Projekten bist du in diese Aufgabe gestartet?

Seit dem 11. Juni 2021 war ich für zwei Jahre Präsidentin des SAV. Ich wollte eine kooperative Führungsrolle einnehmen und hatte neben dem Tagesgeschäft und der Vertretung des Berufsstandes nach aussen folgende Visionen und Projekte:

Für die Förderung der Vielfalt und Integration habe ich mich bemüht, den Zugang zum Beruf sowie die Ausübung für junge Anwältinnen und Anwälte zu erleichtern. Zusammen haben wir während meiner Amtszeit das Forum der jungen Anwaltschaft gegründet sowie den jährlichen Tag der Anwältinnen SAV ins Leben gerufen.

Für den Schutz, die Überwachung und Förderung unseres Berufsstandes haben wir die schweizerischen Standesregeln modernisiert und die humanistische Seite der Anwältinnen und Anwälte gefördert, unter anderem – wie erwähnt – mit der Neugestaltung der Fachausbildung in Mediation und dem Erwerb des Titels „Mediatorin / Mediator SAV”.

Ebenfalls wurden die Digitalisierung und Anwendungen neuer Technologien weitergeführt sowie die konstruktive Beteiligung vom SAV am Gesetzgebungsprozess gefördert.

Schliesslich wollte ich die Beziehungen zu den kantonalen Anwaltskammern («Tour de Suisse») fördern, die Anliegen und Projekte der kantonalen Anwaltsverbände verstehen und mit ihnen Themen teilen, die auf Bundes- und internationaler Ebene von Bedeutung sind.

Würdest du Berufseinsteiger:innen bzw. Studienabsolvent:innen empfehlen, sich – ähnlich, wie du das gemacht hast – breit aufzustellen oder ist es heutzutage wichtiger, sich zu spezialisieren?

Mit dem Anwaltspatent kann man sich zuerst Glaubwürdigkeit verschaffen. Frisch nach dem Patent ist man breit aufgestellt. Man muss sich spezialisieren, aber sollte dennoch offenbleiben. Ich vergleiche es mit einer Hausärztin. Wir Anwältinnen und Anwälte müssen zu einem gewissen Grad die Rolle der Hausärztin übernehmen: Man ist breit aufgestellt und muss auch Wissen aus anderen Fachgebieten haben, um die Patienten richtig behandeln oder überweisen zu können.

Das Gleiche gilt für unseren Beruf. Durch das allgemeine Fachwissen können wir besser einschätzen, wo unsere Grenzen liegen und wir demnach andere Spezialisten beiziehen müssen. Letztlich wird aber unsere Tätigkeit immer spezifischer, weshalb es doch auch wichtig ist, sich in einem Fachgebiet zu spezialisieren und eine Nische zu finden, in der man seine besonderen Talente ausüben und sich weiterentwickeln kann.

Welche Juristin hat dich so inspiriert, dass du sie als Vorbild für breaking.through nominieren möchtest und wieso?

Aktuell inspiriert mich die Präsidentin des Genfer Anwaltverbandes, Sandrine Giroud. Sie denkt "outside the box", nimmt wahr und wagt. Man kann es zusammenfassen als "savoir faire und savoir être".

Eine weitere Juristin ist eine australische Rechtsanwältin und Richterin, Joanna Kalowski. Sie führte die ersten Mediationen zwischen der indigenen Bevölkerung und Australien über ihre Ansprüche auf ihr traditionelles Land und ihre Gewässer. Ebenfalls eine sehr inspirierende Frau.

Herzlichen Dank für das spannende Interview!

Genf/Zürich, 20. Oktober 2025. Birgit Sambeth, LL.M. führte das Interview mündlich. Die Interviewfragen stellten Florence J. Jaeger, LL.M. und Sabrina Vieli.

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